HARALD GROSSKOPF
STROM - out October 10, 2024
You don't really need to say much about this man: co-founder of Wallenstein, drummer on at least two of the most wonderful Krautrock albums (namely "Mother Universe" and "Cosmic Century"), member of the legendary "Kosmische Kuriere", records with Ash Ra Temple and Klaus Schulze. Finally, Harald Grosskopf switched from drums to sequencers and created something breathtaking. I listened to his solo debut Synthesist (1980) to death, and few days began without "So weit, so gut". It was a record that did everything right, that salvaged whatever could be salvaged from Kraut, adding the melancholy with which one suddenly looked back on everything that could still be naively believed and played in the 70s. Then in 1985 came the follow-up Oceanheart, no less great, albeit already noticeably more minimalist. Manuel Göttsching could be sensed in the distance if you surrendered to the track "Eve on the Hill" and followed it into the depths. Time passed, the music stayed with me. I lost sight of Harald Grosskopf, even though he did produce an album from time to time.
And now: "Strom". The evocation of electricity, the virtuosity of the circuit that skillfully intertwines man and machine, an antidote to the triumphal march of desolate musical digitality. If you listen carefully, you will immediately recognize the engineer behind the soundscapes. Right from the opener "Bureau 39", everything you would expect from Grosskopf is immediately there: the push toward hypnosis, a subdued pulse, catchy, circling bass lines, layering Moog kaleidoscopes. Sometimes the sounds coarsen, the depths distort into grinding noises (as in "Blow"), into mechanical gurgling, i.e. into what remains when the path comes to an end, when the music reaches beyond the human. The mid-tempo track with the programmatic title "After the Future", grotesquely twisting the word “never", points the way there.
Time and again, however, the beat pauses, leaving space for the soundscapes - and then, at the latest, the electronica of the early 80s springs back to life. The two complementary pieces "Gleich Strom" and "Spaeter Strom" would also fit in wonderfully on Synthesist. On the other hand, the closing track "Stromklang" remains resolutely committed to the sinister, even gloomy groove that was previously unknown from this artist and with which he has finally returned to me after far too long. Stylo Kraut indeed. Philipp Theisohn
DEUTSCHER PRESSETEXT
Kaum zu glauben: Harald Grosskopf gibt es jetzt schon ein Dreivierteljahrhundert. Anlässlich seines 75. Geburtstags erscheint nicht nur im Ventil Verlag seine Autobiographie »Monsieur Séquenceur« - sondern auch endlich wieder ein neues Album vom Elektronik-Altmeister.
Man muss zu diesem Mann eigentlich nicht viel sagen: Mitbegründer von »Wallenstein«, ergo Drummer auf mindestens zwei der wunderbarsten Krautrockalben (nämlich »Mother Universe« und »Cosmic Century«), Mitglied der legendären »Kosmischen Kuriere«, Platten mit Ash Ra Temple und Klaus Schulze. Schließlich wechselt Harald Grosskopf dann von den Drums zu den Sequencern und schafft Atemberaubendes. Das Solodebüt Synthesist (1980) habe ich totgehört, wenige Tage begannen ohne »So weit, so gut«. Eine Platte, die alles richtig machte, die vom Kraut das rettete, was zu retten war, ihm die Melancholie beimischte, mit der man plötzlich auf all das zurückblickte, was in den 70ern noch naiv geglaubt und gespielt werden durfte. 1985 dann der Nachfolger Oceanheart, nicht minder großartig, freilich schon spürbar minimalistischer, Manuel Göttsching erahnte man in der Ferne, wenn man einem Track »Eve on the Hill« mal nachgab und in die Tiefen folgte. Die Zeit verging, die Musik blieb bei mir. Ich verlor Harald Grosskopf aus den Augen, auch wenn er ab und an noch einmal ein Album produzierte.
Und nun: »Strom«. Die Evokation der Elektrizität, der Virtuosität der Schaltung, die Mensch und Maschine kunstvoll verschraubt und der über ihrem Triumphzug verödeten musikalischen Digitalität entgegengestellt wird. Wer genau hinhört, der erkennt den Ingenieur hinter den Klanggebilden sogleich. Schon beim Opener »Bureau 39« ist alles sofort wieder da, was man von Grosskopf erwartet: Arbeit an der Hypnose, gedämpfter Puls, eingängige, in sich kreisende Basslines, sich darüber schichtende Moog-Kaleidoskope. Manchmal vergröbern sich die Sounds, verzerren sich die Tiefen zum Schleifgeräusch (wie in »Blow«), zu mechanischem Gurgeln, also zu dem was übrigbleibt, wenn man den Weg zu Ende geht, die Musik im Jenseits des Menschen anlangt. Der von dem Wort »Never« durchächzten Midtempotrack mit dem programmatischen Titel »After the Future« weist den Weg dorthin.
Immer wieder aber hält der Beat inne, lässt den Klangflächen Raum – und spätestens dann werden die Electronica der frühen 80er wieder wach. So würden die beiden Komplementärstücke »Gleich Strom« und »Spaeter Strom« sich auch auf Synthesist wunderbar einfügen. Im Gegenzug bleibt der Rausschmeißer »Stromklang« dann doch dezidiert jenem sinistren, ja: düsteren Groove verpflichtet, den man von diesem Künstler bislang so nicht kannte und mit dem im Gepäck er nun endlich, nach viel zu langer Zeit, zu mir zurückgekehrt ist. Stylo Kraut it is.
-Philipp Theisohn