CONNY FRISCHAUF
KENNE KEINE TÖNE - out June 28, 2024
After "Die Drift", "Kenne Keine Töne“ is the second studio album by the Viennabased artist Conny Frischauf. Moving between pop and experiment, she embarks on a search for the momentary, the transitions and sonorous threshold spaces, creating a fascinating sound laboratory with "Kenne Keine Töne" that invites us to readjust our listening habits.
„Wo ziehen die Wolken hin?“ („Where are the clouds off to?“)*, Conny Frischauf muses in the opening track of her second Album „Kenne Keine Töne“. „Habens eilig oder was / Fliegen hurtig nach drüben / Kann ich hier auch nicht verübeln /Also schau ich ihnen zu / Und setze mich gleich drauf / Und merke erst am Boden / Ist doch kein Wattebausch“ („Must be in a rush, flying over there in a hurry / Can't blame them either / So I watch / And sit on them straight away / Only to realise, back on the ground, / that they're not actually cotton balls“).
Things around us are not what they seem to be. It is in this spirit that the artist guides us into her synaesthetic sound laboratory in which she acousmatically examines worldly phenomena as sonic events and combines them with delicate pop references. Stones, wind, water and other phenomena thus turn into audible miracles.
In the sixteen tracks of her latest album, Frischauf is playing with our senses. Field recordings, carefully microphoned percussion instruments, aerophones, clapping hands and cosy synth sounds become finely balanced antagonists on this album, digging deep into our auditory canals.
From inside the inner ear, this music tingles and nudges us, brushes against us from the inside, making us want to touch our ears, hold them tight for orientation, and ask ourselves: Is it possible to be on both sides of the auditory funnel at the same time?
Frischauf's music is more than audible: it becomes haptic via our sense of hearing – and, on the track „Düfte“ („Fragrances“), even olfactory. There’s also a sense in which Frischauf's lyrics and music seem to prioritise space over time. The album is less about clear linear temporal sequences than about the spatial assembly of various possible meanings. Frischauf consciously awards this kind of independence to the sounds and ideas on the album.
Such intention becomes audible on the delicately dubby track "Schall und Schwer", which draws us into a melancholy vortex. Frischauf's vocals sweep over the syncopated bass line, lyrically exploring the relationship between strength and vulnerability. „Schleift sich ein / Dunkt sich rein / Kommt zu mir / Will zu dir“ („Grinding / Submerging / Coming to me / Longing towards you“). The track wanders along these vocals before it finally fades with synthesised snare drums circling around like seagulls.
„Bisschen Träumen“ opens with a monotonous beep, perhaps the busy signal of a telephone, which multiplies and finally unfolds into concertante hold music - a hyperreal muzakalic echo chamber filled with longing, dreams and laconicism.
On „Kreise“, „Test“ and „Nordwestwind“, Frischauf directs her contemplative gaze outwards: „Nordwestwind schlägt die Ohren steif / Wir verbrennen in der Mitte / Fallen in die Donau rein / Sie ist warm wie eine Suppe / Sitzen wieder am Kanal / Werden wieder zwangsbeschallt / Sagen nichts und meinen viel / Fliegen hoch im Karussell“ („North-west-wind’s beating our ears stiff / In the centre we’re burning / We fall into the Danube / Warm as soup / Sitting by the canal again / Sounds booming at us again / We’re saying nothing and meaning a lot / Flying high on the merry-go-round“), Frischauf narrates, intertwined with hypnotic ambient noise, onomatopoeic vocals and pulsating beats.
On „Röte“, we encounter a polyphonic ensemble of flutes reminiscent of seashell horns. On „M“, Frischauf dadaistically defies compulsory duties – the one-letter track title refers to the first letter of the German verb „müssen“, i.e. „must“; „Zwei Minuten“ is a flirt with established experimental silent composition. As though in a trance, she traces the melodic qualities of percussion instruments („Interlude“) and offers her raw voice on the piece „Nichts“ („Nothing“), which - accompanied by bare background noise – escapes the terror of an everyday flooded by stimuli.
It is the reduction that makes a certain understatement reverberate on „Kenne Keine Töne“, and yet this restraint merely conceals Frischauf's passion for sound. Facing such a multitude of ideas, it's striking that the album remains as personal, casual and melodic as it does. A distinct groove emerges and occasionally invites listeners to dance. Conny Frischauf's music drills deeply into the solidified walls of our listening habits.
- Chrizzi Heinen
DEUTSCHER PRESSETEXT
Nach »Die Drift« (Bureau B, 2021) erscheint mit »Kenne Keine Töne« nun das zweite Studioalbum der in Wien lebenden Künstlerin Conny Frischauf. Zwischen Pop und Experiment begibt sie sich auf die Suche nach dem Momenthaften, den Übergängen und sonorischen Schwellenräumen und schafft so mit »Kenne Keine Töne« ein faszinierendes Klanglabor, das uns einlädt, unsere Hörgewohnheiten neu zu adjustieren.
»Wo ziehen die Wolken hin. Habens eilig oder was. Fliegen hurtig nach drüben. Kann ich hier auch nicht verübeln. Also schau ich ihnen zu. Und setze mich gleich drauf. Und merke erst am Boden. Ist doch kein Wattebausch« – singt die Wiener Künstlerin Conny Frischauf in dem Eröffnungstrack ihres zweiten Albums »Kenne Keine Töne«. Die Dinge um uns herum sind nicht so, wie wir sie sehen, und so führt sie uns in ihr synästhetisches Klanglabor, wo sie Steine, Wind, Wasser und andere Phänomene als Schallereignisse akusmatisch erforscht und gepaart mit zarten Pop-Anleihen hörbar und zu wahren Wunderstücken macht.
In den sechzehn Stücken ihres aktuellen Albums spielt Frischauf mit unseren Sinnen. Fieldrecordings, sorgfältig mikrofonierte Perkussionsinstrumente, Aerophone, Händeklatschen sowie heimelige Synthiesounds werden auf diesem Album zu fein ausbalancierten Antagonisten, die sich tief in unsere Gehörgänge graben. Im Innenohr angekommen beginnt die Musik uns zu kitzeln, uns anzustoßen, uns von Innen haptisch zu berühren, dass wir an unsere Ohren fassen, sie mit unseren Händen betasten möchten, um uns zu vergewissern, und uns fragen: Ist es denn möglich, sich auf beiden Seiten des Hörtrichters gleichzeitig zu befinden? Frischaufs Musik ist nicht nur hörbar, durch den Hörsinn wird sie haptisch und auf dem Track »Düfte« sogar olfaktorisch spürbar.
In Frischaufs Texten und der Musik geht es nicht um klare lineare zeitliche Abfolgen, sondern um das räumliche Zusammenkommen mehrerer möglicher Bedeutungen. Diese Eigenständigkeit wollte Frischauf den Klängen und Ideen auf dem Album zugestehen. Hörbar wird dieses Ansinnen auf dem zart angedubbten Stück »Schall und Schwer«, das uns in einen melancholischen Strudel zieht: »Schleift sich ein. Dunkt sich rein. Kommt zu mir. Will zu dir« – Frischaufs Gesang überschlägt sich mitreißend vor der synkopierten Basslinie, textlich das Verhältnis von Stärke und Verletzlichkeit auslotend, bevor das Stück schließlich mit synthetisierten Snaredrums ausklingt, die möwengleich um das Geschehen kreisen.
»Bisschen Träumen« wird angestimmt von einem monotonen Piepton, das Besetztzeichen eines Telefonapparats vielleicht, der sich vervielfältigt und sich schließlich zu einer konzertanten Warteschleifenmusik entfaltet – eine mit Sehnsucht, Träumen und Lakonie bestückte hyperreale muzakalische Echokammer.
Auf »Kreise«, »Test« und »Nordwestwind« richtet sie ihre gedankenversunkene Sicht nach Außen: »Nordwestwind schlägt die Ohren steif. Wir verbrennen in der Mitte. Fallen in die Donau rein. Sie ist warm wie eine Suppe. Sitzen wieder am Kanal. Werden wieder zwangsbeschallt. Sagen nichts und meinen viel. Fliegen hoch im Karussell«, Frischaufs Stimme verquickt mit von hypnotischem Umgebungsnoise, onomatopoetischen Vocals und pulsierenden Beats.
Auf dem Stück »Röte« konzertiert ein hemmungsloses polyphones Ensemble aus luftdurchströmten Blockflöten, die an Muschelhörner erinnern. In dadaistischer Manier trotzt Frischauf allgemeiner Pflichterfüllungen (»M«) und macht auf dem Stück »Zwei Minuten« tradierten experimentellen Ruhe-Kompositionen Avancen. Wie in Trance spürt sie den melodischen Eigenschaften von Perkussionsinstrumenten nach (»Interlude«) oder schenkt uns auf dem Stück »Nichts« ihre bare Stimme, die sich – begleitet vom nackten Hintergrundrauschen – dem Terror des reizüberfluteten Alltags entzieht.
Es ist die Reduktion, die ein gewisses Understatement auf »Kenne Keine Töne« zum Schwingen bringt, und doch verbirgt diese Zurücknahme nur Frischaufs klangspielerische Leidenschaft. Bei so vielen Ideen ist es ein kleines Wunder, dass das Album so persönlich, lässig, und melodisch bleibt und seinen ganz eigenen Groove entwickelt, der das Publikum an einigen Stellen zum Tanz bittet. Conny Frischaufs Musik bohrt tiefe Löcher in die erstarrten Wände unserer Hörgewohnheiten und nährt die eigentlichen Bedürfnisse unserer Trommelfelle.
– Chrizzi Heinen